In der Presse wurde vor kurzem darüber berichtet, dass Thermopapier, wie es in Kassenbons verwendet wird, bis knapp 2% des Weichmachers Bisphenol A enthalten kann. Während das an und für sich nichts Neues darstellt (diese Tatsche ist schon seit Jahren bekannt), haben diese vom Kantonalen Labor Zürich durchgeführten Studien nun gezeigt, dass sich während der Handhabung von Kassenbons diese Substanz in geringen Mengen auf der Haut ablagert.
Allerdings ist heute wenig darüber bekannt, wie viel von dem auf der Haut abgelagerten Bisphenol A schliesslich durch die Haut dringt und in den Organismus gelangt. Eine kürzlich veröffentliche Studie mit Schweinehaut als Modell hat gezeigt, dass innerhalb von 2 Stunden nur etwa 3% der Menge aufgetragener Substanz durch die Haut dringt (Referenz).
Die Resultate dieser Studie lassen vermuten, dass kaum Bisphenol A in die Zirkulation gelangt.
Die dermale Aufnahme, also die Aufnahme durch die Haut, ist demnach höchstens ein Nebenaufnahmeweg für Bisphenol A. Der Hauptaufnahmeweg bleibt derjenige über die Nahrung. Über diesen Weg gelten heute bei Erwachsenen rund 10.000-fach höhere tägliche Gesamtmengen von Bisphenol A als unbedenklich. Diese Zahl basiert auf der Annahme, dass nach Handhabung eines Kassenbons bis 10% der auf der Haut wiedergefundenen Menge von 2 Mikrogramm Bisphenol A durch die Haut dringen und in die Zirkulation gelangen würden, also maximal 0.2 Mikrogramm. Dem steht der international und in der Schweiz anerkannte Grenzwert einer tolerierbaren maximalen täglichen Einnahme (via Nahrung) von 50 Mikrogramm Bisphenol A pro kg Körpergewicht gegenüber, also 3.000 Mikrogramm Bisphenol A pro Tag. Das Risiko einer toxischen Wirkung von Bisphenol A auch nach ständiger Handhabung von Kassenbons, wie z.B. durch Kassenpersonal in Warenhäusern, kann demnach als gering eingeschätzt werden.
Die oben gemachten Aussagen beziehen sich nur auf die Hautaufnahme von Bisphenol A aus Kassenbons. Die Aufnahme von Bisphenol A aus anderen Quellen, z.B. durch die Nahrung oder via Babyflaschen, sowie die Belastung der Umwelt sind gesondert zu beurteilen.
Es ist anzumerken, dass die Langzeiteffekte und die Dosis, bei welcher Wirkungen auf den menschlichen Organismus auftreten, nicht definitiv geklärt sind und von Wissenschaftlern kontrovers diskutiert werden.
Prof. M. Arand, Prof. R. Eggen, Prof. S. Krähenbühl, Prof. H. Kupferschmidt, Prof. HP Nägeli,
Prof. A. Odermatt, Prof. H. Segner, Dr. N. von Götz, Dr. Timo Buetler
Mi, 3. Feb 2010 10:11
Zusätzliche Information finden Sie auf:
Wikipedia auf Deutsch
Wikipedia auf Englisch (ausführlicher)
BAG Faktenblatt Bisphenol A vom 24.2.2.2009
© Universität Zürich | 10.02.2010
Mythen und Fakten rund um Bisphenol A (BPA)
"Bisphenol A wirkt hormonähnlich, ist ein endokriner Disruptor"
Bisphenol A (BPA) erfüllt nicht die wissenschaftliche Definition des Begriffs „endokriner Disruptor". BPA wurde nie speziell für die Anwendung als ein Hormon synthetisiert. Es wurde aber zusammen mit vielen anderen Substanzen in den 1930er Jahren gesichtet und hat keine relevante Wirkstärke gezeigt. Ähnlich vieler Naturstoffe und alltäglicher Lebensmittel wie Karotten, Soja-Bohnen oder anderer Gemüse, zeigt BPA sehr schwach östrogenähnliche Wirkungen, allerdings nur bei extrem hohen Dosen, die realistisch im täglichen Leben niemals erreicht werden können. Weitere Informationen zu diesem Thema.
"Lebensmittelbehälter aus Polycarbonat oder epoxidharzbeschichtete Dosen geben hohe Mengen von Bisphenol A an das Lebensmittel ab"
Bisphenol A (BPA) migriert nicht, wie manche nahelegen, wie Pulver von einer Oberfläche in Lebensmittel. Vielmehr verknüpfen sich die BPA-Moleküle bei der Herstellung von Polycarbonat oder Epoxidharzen und sind dann fest in die Polymerstruktur des Kunststoffs eingebunden. Wie bei jedem anderen Material ist eine Migration von extrem geringen Mengen zwar möglich, zahlreiche Studien zeigen jedoch, dass diese Menge für BPA weit unter den von den staatlichen Behörden, wie zum Beispiel der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) oder der US Food and Drug Administration (FDA), festgelegten Unbedenklichkeitsgrenzwerten liegt. Eine solche Exposition stellt kein bekanntes Gesundheitsrisiko dar. Tatsächlich wird BPA, wie von der Europäischen Food Safety Authority (EFSA) dargelegt, "im menschlichen Körper rasch verstoffwechselt und eliminiert". Die EFSA-hat in ihre Bewertung speziell Säuglinge und Kleinkinder mit einbezogen.
"Bisphenol A erzeugt Krebs"
Es gibt keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass Bisphenol A (BPA) Krebs erzeugt oder dass es unter realistischen Expositionsbedingungen eine andere Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellt. Berichte auf Basis einzelner Studienergebnisse, die BPA in Zusammenhang mit Krebs, Geburtsfehlern, genetischen Schäden oder Unfruchtbarkeit bringen, stehen im Widerspruch zu den Ergebnissen umfassender und robuster Studien, die diese Fragestellung untersuchten. Die Ergebnisse exploratorischer Studien zum Thema konnten bis heute nicht von anderen Forscherteams reproduziert werden und geben kein konsistentes Bild. Behördliche Bewertungen haben bestätigt, dass Menschen nur mit sehr geringen Mengen von BPA in Kontakt kommen. BPA, das über die Nahrung aufgenommen würde, wird schnell (innerhalb von 24 Stunden) verstoffwechselt und ausgeschieden. Nach Berücksichtigung von mehr als 1.000 Studien zu BPA haben die EU-Experten in ihrer kürzlich veröffentlichten aktualisierten Risikobewertung bestätigt, dass BPA bei den üblichen, sehr niedrigen Kontaktmengen keine krebserzeugenden Effekte zeigt. Weitere Informationen.
"Bisphenol A wird als Zusatzstoff in Kunststoffen verwendet"
Bisphenol A (BPA) ist kein Zusatzstoff (Additiv) für Polycarbonat oder Epoxidharz, der dem Material hinzugefügt würde, sondern der Grundbaustein, aus dem die Polymere entstehen. BPA ist also das Zwischenprodukt (intermediate), welches durch Polymerisation die Kunststoffe aufbaut. Mehr als 99% des produzierten BPA wird zu Polymeren wie Polycarbonat und Epoxidharz weiterverarbeitet. Nur ein sehr kleiner Teil des insgesamt hergestellten BPA wird als Komponente in Antioxidanz-Zubereitungen für in Weich-PVC-Kunststoffen verwendet.
"Bisphenol A sollte verboten werden"
Es gibt keine wissenschaftliche Begründung für ein Verbot von Bisphenol A (BPA), denn zahlreiche Studien und behördliche Bewertungen haben gezeigt, dass BPA und Produkte aus BPA-basierten Materialien keine Gefahr für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt darstellen. Unabhängig davon würde ein Verbot tausende unverzichtbare alltägliche Produkte - von CDs und unzerbrechlichen Brillen bis zu Stoßstangen oder Beatmungsgeräten in Krankenhäusern - vom Markt ausschließen und beträchtliche soziale und wirtschaftliche Auswirkungen haben. Lesen Sie mehr über BPA-Anwendungen in unserem täglichen Leben.
"Bisphenol A bewirkt Fettleibigkeit bei Kindern"
Es gibt keinen wissenschaftlichen Beleg für einen Zusammenhang zwischen Bisphenol A (BPA) und Fettleibigkeit von Kindern. Körpergewicht ist ein Parameter, der regelmäßig bei allen toxikologischen Studien mit betrachtet wird: Keine der Studien, die entsprechend der international anerkannten Qualitätsleitlinien durchgeführt wurden, zeigte bei verbraucherrelevanten Dosen Auswirkungen auf das Körpergewicht. Medienberichte, die behaupten, Fettleibigkeit könne die Folge einer Aufnahme von BPA sein, basieren auf einer kleinen Anzahl von Studien mit einer Reihe von Nutzungsbegrenzungen (z.B. kleine Fallzahlen, begrenzte Anzahl von Dosierungen, unangemessener Aufnahmepfad). Jüngste wissenschaftliche Bewertungen der zuständigen Behörden wie der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), dem amerikanischen Zentrum für die Bewertung von Risiken für die menschliche Fortpflanzung (CERHR), der kanadischen Gesundheitsbehörde Health Canada und andere wissenschaftliche Einrichtungen kommen übereinstimmend zu dem Schluss, dass keine Beziehung zwischen BPA und Fettleibigkeit identifiziert wurde.